Ich blicke ungläubig auf meinen Bildschirm und weiß gar nicht, was ich denken soll. Vor ein paar Minuten hat meine Kollegin mir einen Artikel zugeschickt, in dem es um Empfehlungen der SWK, des Beratergremiums der KMK, für Maßnahmen gegen den Lehrermangel geht. Und nachdem ich mir diese Empfehlungen vorgenommen habe, bleibe ich ratlos zurück. Größere Klassen? Teilzeit als Lehrkraft erschweren, denn wenn die Teilzeit-Lehrkräfte mehr arbeiten würden, wäre das Problem nicht so groß? Was soll das bringen? Alle in den Burnout reißen?

Ich denke an meine Schule. Die Klassen sind mit 32 Schüler:innen übervoll. Ab und an sind es sogar 33 Schüler:innen. Die Räume sind so klein, dass schon jetzt kooperative Formen nur schwer einsetzbar sind. Alle sitzen auf engstem Raum. Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich zuletzt Stühle suchen musste, weil nicht alle einen Sitzplatz hatten und ich am Ende meinen Stuhl an einen der Schüler:innen abgegeben habe. Wie soll das mit noch größeren Klassen funktionieren?

Teilzeit ist für mich die einzige Möglichkeit, nicht auszubrennen. Und ich arbeite noch recht viel: 21 von 26 Unterrichtsstunden, also etwa 80%. Und schon jetzt jongliere ich im Alltag zwischen meinen Schulterminen, den drei Schichten meines Mannes und Kita- und Schulterminen meiner zwei kleinen Kinder. Ohne unterstützende Familie ist das für uns seit Jahren eine echte Herausforderung.

Ich denke an mein 1. Halbjahr zurück. Teilzeit bedeutet für mich, dass ich dieses Jahr erfreulicherweise einen Tag in der Woche frei habe. Doch frei ist er nicht: Ich bereite an diesem „freien“ Tag meinen Unterricht vor. Damit ich innerhalb der Woche abends Zeit für angefallene E-Mails oder einen Feinschliff meiner Planungen habe. Ich bin trotz „frei“ erreichbar für Kolleg:innen und Schule. 

Mir wird bewusst, wie unsinnig das eigentlich ist: Weniger Stunden arbeiten, damit man an dem freien Tag arbeiten kann. Um seine Arbeit irgendwie schaffen zu können. Ich habe vor ein paar Monaten meine Arbeitszeit mal akribisch aufgeschrieben. Dabei komme ich auf eine Arbeitszeit zwischen 40 und 50 Stunden in der Woche – je nachdem, was gerade ansteht. Bei einer 80%-Bezahlung.

Könnte ich mehr arbeiten? Sicherlich. Dann ginge halt Schulbuch-Unterricht: „Heute arbeitet ihr auf Seite 54 die Aufgaben 5, 6, 7 und 8 durch.“ Keine aufwändigen Methoden. Die 4K in die Tonne gekloppt. Schulentwicklung ade. Die Qualität würde rapide sinken, aber die Unterrichtsbetreuung wäre sicher. Ist es das, was man möchte? 

Warum sieht man das da oben nicht? Es sind nicht die „faulen“ Teilzeitkräfte, die für die Misere verantwortlich sind, sondern die Fehlplanungen der Politik. Die Arbeit in Teilzeit als Lehrkraft zu erschweren, wird es nicht besser machen. Möchte man denn alles noch schlimmer machen? Dann gibt uns noch mehr Arbeit. Aber das Ende vom Lied wird sein, dass wir die Grenzen, die wir schon lange überschritten haben, nicht mehr auffangen können. Und die Leidtragenden werden wieder einmal die Schüler:innen sein. Gratulation!

Wenn dir mein Beitrag gefällt, freue ich mich, wenn du auf meinen Profilen auf Instagram, YouTube oder Facebook vorbeischaust. 

Diesen Beitrag teilen: