Ich selbst habe ChatGPT schon als Unterstützung zur Aufgabenfindung genutzt, um Anwendungsaufgaben für den Matheunterricht zu finden. Gestern habe ich ChatGPT das erste Mal im Unterricht für meine Schüler:innen genutzt. In einer Woche steht die Leistungskursklausur im Fach Informatik an. In diesem Zeitraum vor Klausuren übe ich mich ganz gerne nochmal durch die Klausurthemen – einige sind schon eine ganze Weile her. 

Gestern habe ich also eine Themenübersicht für die Klausur ausgeteilt und sich die Schüler:innen in kleine Teams einteilen lassen. Die meisten Gruppen haben zu zweit gearbeitet, ein paar auch zu dritt. Die Gruppen hatten nun die Aufgabe, sich passende Aufgaben zu frei gewählten Themen und ihre Lösungen generieren zu lassen.

Die Aufgaben sollten daraufhin von den Gruppen gelöst und mit der Lösung von ChatGPT verglichen werden. Danach sollte eine Beurteilung der generierten Lösung stattfinden, falsche Ansätze und Ideen herausgestellt werden.

In einer Schlussrunde haben wir den Nutzen für die Klausurvorbereitung diskutiert und jede Gruppe hat die Art der generierten Aufgaben vorgestellt und erläutert, inwieweit die Lösung gut, schlecht, sinnvoll oder brauchbar war.

Im Folgenden gebe ich dir einen Überblick über die Rahmenbedingungen, Hürden und Chancen und Verbesserungsmöglichkeiten. 

ChatGPT in Schülerhand?

Die erste Hürde, die ich nehmen musste, war natürlich, herauszufinden, wie viele Schüler:innen überhaupt einen Account für ChatGPT besitzen und ob sie auch bereit wären, diesen freiwillig für den Unterricht zu nutzen. Da ChatGPT datenschutzrechtlich ja nicht unbedenklich ist und fleißig Daten sammelt, sollten wir die Nutzung auf freiwilliger Basis anbieten. Ich überlege aber tatsächlich, extra für den Unterrichtseinsatz, ein paar Accounts anzulegen, wenn das möglich ist. 

Gleichzeitig ist der Wille, seinen eigenen Account einzusetzen, ja nur die erste Hürde. Aktuell ist durch den Hype um ChatGPT die Erreichbarkeit ja nicht gewährleistet. Das habe ich gestern auch festgestellt, so dass zwei Gruppen nicht direkt den Zugang bekamen und die Seite erst öfters neu laden mussten, bis sie sich einloggen konnten.

ChatGPT bleibt für den Unterrichtseinsatz damit eine unsichere Komponente, auf dessen Ausfall wir als Lehrkräfte flexibel reagieren können müssen. 

Und wenn ChatGPT überlaufen ist?

Was wäre die Alternative gewesen, wenn ChatGPT nicht funktioniert hätte? Oder wenn sich nicht genug freiwillige gefunden hätten? 

Für den Fall habe ich in meiner Vorbereitung tatsächlich schon die Aufgabe meiner Schüler:innen übernommen. Ich hatte für den Fall diverse generierte Aufgaben und Aufgabenlösungen zu verschiedenen Klausurthemen parat, die ich dann über Collaboard zur Verfügung gestellt hätte. Ganz im Sinne der #collaboardchallenge

Das kann man natürlich auch kombinieren, wie mir im Nachhinein eingefallen ist: Die Aufgaben samt Lösungen könnten bereitgestellt und dann offen gelassen werden, ob diese genutzt werden wollen oder selbst mit ChatGPT gearbeitet werden möchte. So kann man die Freiwilligkeit noch besser sicherstellen.

Was wurde zurückgemeldet?

Die Arbeit wurde ganz unterschiedlich aufgenommen: Von „unbrauchbar“ bis „sinnvoll“ war alles dabei. ChatGPT wurde für die Aufgabengenerierung genutzt, aber auch, um sich nochmal Definitionen generieren zu lassen. Je nachdem, wie die Nutzung war, war auch das Feedback unterschiedlich. Die Definitionen wurden als kurz, sinnvoll und gut verständlich zurückgemeldet. Man würde lieber ChatGPT als Google verwenden.

Die Aufgabengenerierung wurde ganz verschieden aufgenommen: Manche Aufgaben haben im Kontext schon gar keinen Sinn ergeben, die meisten waren aber in Ordnung. Die Lösungen hingegen schwankten sehr, wobei die meisten bis zu einem gewissen Grad in Ordnung waren, dann aber kippten und sinnlos oder falsch wurden. Klar, es waren auch richtige Lösungen dabei, aber nicht viele.

Im Umgang mit der Programmiersprache Haskell konnten sogar ganz neue Erkenntnisse zum Programmieren gewonnen werden, die in einem Online-Editor direkt ausprobiert und als korrekt beurteilt wurden. Diese Syntax kannte selbst ich vorher nicht. 

Was habe ich beobachtet?

Die Arbeit mit den Aufgaben zur Übung und Vorbereitung war bis zu einem bestimmten Punkt genau so wie ich sie kannte. Es gab Aufgaben, die bearbeitet wurden. Es kam aber eine ganz neue Beurteilungskomponente dazu, was mir richtig gut gefallen hat:  Statt sicher zu sein, dass ich gute Aufgaben gebe und die richtigen Lösungen bereitstelle, mussten die Schüler:innen nun in jedem Schritt überlegen, ob das überhaupt Sinn macht: Ist die Aufgabe an sich sinnvoll? Wie ist das mit den einzelnen Lösungsschritten? 

Das sorgt aus meiner Sicht für ein tieferes Verständnis, denn es muss alles hinterfragt werden: die eigene Lösung, die generierte Lösung. Was stimmt? Was macht keinen Sinn? Was ist warum falsch? 

Statt also eine Musterlösung zu verstehen, musste eine potenziell falsche Lösung abgeglichen, verstanden und bewertet werden. 

Reflexion des Unterrichtseinsatzes

Obwohl ChatGPT in seiner Nutzung datenschutzrechtlich alles andere als sicher ist, finde ich, dass das Tool in den Unterricht gehört. Die Nutzung sollte dabei immer auf Freiwilligkeit beruhen, was für uns bedeutet, dass wir als Lehrkräfte einen Plan B benötigen. Die Aufgabe vorher aber selbst generieren zu lassen, um diese zur Verfügung zu stellen, ist aus meiner Sicht eine gute und einfache Lösung dafür. Denn auch wenn es sich viele wünschen: ChatGPT oder auch andere KI werden nicht wieder gehen. Sie werden Teil des Alltags werden.

Deshalb finde ich die Idee, die Schüler:innen Aufgaben generieren zu lassen, eine tolle Sache. Ich werde so oft nach Übungsaufgaben gefragt, dass das eine echte Alternative ist, um sich auf Klausuren vorzubereiten. Aus meiner Sicht ist die Arbeit mit KI genau das, was die Schüler:innen in den nächsten Jahren brauchen werden! Die Beurteilungskomponente wird immer wichtiger werden, also müssen wir genau das im unterrichtlichen Kontext einüben. 

Wir müssen natürlich aber immer wieder darauf pochen, was ChatGPT eigentlich ist: eine KI, die nicht denken kann, auch wenn sie menschlich wirkt. Sie baut Antworten anhand von Wahrscheinlichkeiten auf. Je nach Datensatz, der zugrundeliegt, gelingt das besser oder schlechter. Aber Fehler stehen auf der Tagesordnung – der kritische Blick muss also immer wieder eingefordert werden und es muss darauf gezeigt werden, was schlecht oder ungenau oder falsch ist.

Hast du ChatGPT im Unterricht schon eingesetzt oder ist die KI bei deinen Schüler:innen überhaupt schon angekommen? Oder nutzt du selbst ChatGPT zur Aufgabengenerierung? Ich freue mich über deine Erfahrungen!

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