Die Lernerzentrierung oder Lernerorientierung sind für mich fester Bestandteil meines Selbstverständnisses als Lehrerin. Ich sehe mich nicht als Alleinunterhalter der Lerngruppe, sondern Dreh- und Angelpunkt sind die Lernenden, die vor mir sitzen. Ich liebe es, die Zügel im Unterricht abzugeben, meine Lerngruppe machen zu lassen und den Lernprozess einfach nur zu unterstützen und ggf. in richtige Bahnen zu lenken. 

Das hat in meinen Examensstunden dazu geführt, dass ich als Lehrperson kaum präsent war – im positiven Sinne. Ich weiß noch, wie fasziniert meine Seminarleiter und die Prüferin waren, wie viel die Lernenden selbst koordiniert und diskutiert und den Lernprozess damit direkt für alle sichtbar dargelegt haben. Nun gut, meine Fachseminarleiter kannten mich ja und wussten, wie das bei mir läuft. Die Schulleitung und Prüferin waren aber sehr überrascht. 

Klar gibt es immer wieder Stunden oder Phasen, die frontal im Unterrichtsgespräch aufgegriffen werden. Mit voll gepackten Rahmenlehrplänen habe ich häufig nicht die Zeit, die ich eigentlich benötige, um Themen abzuhandeln. Ich bin aber auch heute noch ein Fan davon, die Verantwortung für ganze Unterrichtsphasen aus der Hand zu geben und einfach zu beobachten, was passiert und wie sich alles entwickelt. 

Diese Art der neuen Selbstständigkeit muss natürlich eingeübt werden, keine Frage. Häufig übernehmen die Lernenden nämlich nicht selbst die Verantwortung für das Unterrichtsgeschehen, sie sind es einfach nicht gewohnt. Lass deinen Lerngruppen also ein bisschen Zeit, sich an die neuen Situationen zu gewöhnen. Du wirst sicher sehr schnell Erfolge sehen.

Ideen für Lernerzentrierung im Unterricht

Im Folgenden habe ich dir ein paar Tipps aus meinem Repertoire aufgeschrieben, wie du in deinem Unterricht etwas für die Lernerzentrierung tun oder welche Methoden du dafür ausprobieren kannst.

  1. Perspektivenwechsel
    Häufig kann ein Sichtwechsel neue Perspektiven eröffnen. Aus diesem Grund suche ich mir im Unterricht häufig einen Platz in der Lerngruppe selbst, aus der ich einen guten Überblick habe. Das kann hinten neben einem Schüler/einer Schülerin sein oder da, wo grade ein Platz frei ist. Auch für die Schüler:innen ist es anders, wenn sich die Lehrperson direkt unter die Lerngruppe gemischt hat statt alle von vorne anzublicken.
  2. Redekette
    Die Redekette ist eine meiner Lieblingsmethoden: effektiv und leicht zu erlernen. Wenn ein Thema aufgegriffen wurde, das Diskussionsbedarf bereithält oder nicht mit ein bis zwei Meldungen erfasst werden kann, setze ich gerne die Redekette ein. Dabei nehme ich keine Redebeiträge an, sondern die Lerngruppe geht ins Gespräch mit sich selbst, indem der letzte Redende den nächsten drannimmt. So zieht man sich ganz easy aus dem Unterrichtsgeschehen heraus und kann in eine beobachtende Position gehen.
  3. Ergebnissicherung
    Ein vorgefertigtes Tafelbild ist doch was Feines. Doch ein Tafelbild, das ganz in Schülerhand entstanden ist, ist eine viel spannendere Sache. Bestimme doch einfach das nächste Mal eine moderierende und eine schreibende Person, die für das Tafelbild sorgen. Im Gesprächsprozess können Ergebnisse der Lerngruppe gesammelt, diskutiert und letzten Endes schriftlich festgehalten werden. Da dieser Prozess ziemlich komplex ist, bietet es sich an, wirklich zwei Personen für diese Rolle zu bestimmen. Man kann die Aufgabe leicht unterschätzen, doch drannehmen, schreiben und bewerten ist für eine Person häufig zu viel. Wer kann es einem verdenken?
  4. Lernen durch Lehren
    Gerade bei älteren Schüler:innen kann man die Koordination der Unterrichtseinheit auch mal komplett aus der Hand geben. Ich bestimme dann eine Person, die die Aufgabe der Stunde entgegennimmt und Teilaufgaben ein- und verteilt. Sie übernimmt das Zeitmanagement, unterstützt Gruppenarbeiten und klärt Fragen, übernimmt die Ergebnissicherung,… Übrigens ist das eine gute Möglichkeit, nach oben zu differenzieren und bei Lernenden, die im Stoff sehr sicher sind, neue Kompetenzen zu fördern. Man kann natürlich auch mehrere Personen bestimmen, die in der Stunde unterschiedliche Rollen ausfüllen. So entlastet man die einzelnen Schüler:innen, denn alles im Blick zu haben, ist natürlich eine große Verantwortung und gar nicht so einfach.

Was tust du im Schullalltag für die Lernerzentrierung? Vielleicht kann ich mir bei dir etwas abschauen, also gerne her mit deinen Tipps!

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